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Solidarität mit M.Selim Çürükkaya

Grund dafür ist folgender Offener Brief, den er anlässlich der Zerstörung der Grabstätte seines Bruders Dr. Sait Çürükkaya an den Präsidenten der Türkei verfasste.

Solidarität mit M.Selim Çürükkaya

Die Türkei erlässt wieder willkürlich bei Interpol einen internationalen Haftbefehl gegen den Autor, Bürgerrechtler und deutschen Staatsbürger Mehmet Selim Çürükkaya. Grund dafür ist folgender Offener Brief, den er anlässlich der Zerstörung der Grabstätte seines Bruders Dr. Sait Çürükkaya an den Präsidenten der Türkei verfasste.

Brief in Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Präsident,

mein Bruder Dr. Sait Çürükkaya wurde im Kampf gegen den IS am 26.10.2016 in Mossul schwer verletzt. Er wurde nach Deutschland transportiert, erlag jedoch seinen Verletzungen und starb am 29.10.2016. Nachdem die administrativen Angelegenheiten erledigt wurden, wurde sein Leichnam in seine Geburtsstadt Bingöl transportiert und in seinem Dorf begraben. Wir, seine Geschwister haben uns mit einem Projekt bei der Stadtverwaltung vorgestellt und die Erlaubnis für eine Grabstätte bekommen. Der Gouverneur der Stadt Bingöl hat uns innerhalb von fünf Tagen die Erlaubnis für die Grabstätte gegeben. Doch noch am Tag der Beendigung der Bauarbeiten, ist das Militär, dessen Oberbefehlshaber Sie sind, auf die Grabstätte einmarschiert und hat diese mit Baggern und Bulldozern demoliert.

Sehr geehrter Herr Präsident,

Sie selbst wiederholen des Öfteren den Satz ‘Wir lieben die Erschaffenen aufgrund des Schöpfers’ des Großen Mystiker Yunus Emre. Denken Sie, dass wir Kurden nicht von dem selben Schöpfer erschaffen wurden? Warum zeigen Sie nicht einmal unseren Grabstätten gegenüber Toleranz? Ist es Ihnen klar, was Sie tun? Alle bekannten Despoten bewahrten zumindest gegenüber Toten und deren Grabstätten einen gewissen Respekt. Im Gilgamesch, der ältesten Erzählung unseres Planeten, begegnen wir großem Respekt und großer Achtung gegenüber Toten und deren Grabstätten. Im Ilyas tötet Achille seinen Gegner Hector, übergibt dessen Leiche jedoch an seinem Vater, dem trojanischen König. Dieses Verhalten von Achille gilt als ein Zeichen von Tugend und Ehre.

Sehr geehrter Herr Präsident,

Sie selbst erwähnen immer wieder die Tugenden des Islam. Im Koran Vers Isra 70 heißt es: ‘Wir haben den Menschen ehrenvoll erschaffen’. Als der Prophet Adam erschaffen wurde, sagte Gott zu seinen Engeln: ‘Da ich ihn erschaffen und meine Seele in ihn eingehaucht habe, sollt ihr ihn mit Respekt behandeln (Koran Vers Sar, 71-73). Und schließlich wieder in dem Vers Isra 70 sagt Gott: ‘Und wir haben die Menschen hochwertig erschaffen’. All das belegt, dass im Islam der Respekt vor Menschen, auch wenn sie tot sind, sehr wesentlich ist. Denn der Vers sagt: ‘Er ist sowohl als Lebendiger als auch Toter ein zu respektierendes Geschöpf.‘

Sehr geehrter Herr Präsident,

Sie üben eine blutdurstige Macht aus. Den Menschen, den Islam und die achttausend-jährige Kultur des Menschen zertretend, laufen Sie in Ihren eigenen Abgrund. Sie kennen dass das erste menschliche Grab, das sich auf dem Berge Qasyun in der Nähe von Damaskus befindet. Es handelt sich um das Grab von Kain, der von seinem Bruder Abel getötet wurde. Wissen Sie wie viele barbarische Stämme und Zivilisationen dieses Grab überlebt hat? Niemand, selbst die Barbaren haben das Grab nicht angerührt. Denn alle Kulturen betrachten die Grabstätten als heilig und zeigen Respekt. Diese Haltung ist in der Ethik, Kultur, Tradition und Religion verankert. Deshalb gelten Menschen und Systeme, die dem zuwiderhandeln als schuldig.

Sehr geehrter Herr Präsident,

in der heutigen Türkei verkörpern Sie persönlich das Rechtssystem, die Gerechtigkeit und den Richterstuhl. Es gibt in Ihrem Land kein Gericht mehr, in dem Personen, die Grabstätten von verstorbenen Menschen respektlos behandeln, zur Rechenschaft gezogen werden. Die Menschen, die die Erlaubnis für die Grabstätte meines Bruders gegeben haben, haben diese letztendlich demoliert. An wen und an welche Institution sollen wir uns wenden? Gibt es denn überhaupt noch eine Institution, bei der wir um Gerechtigkeit bitten könnten? Wenn nicht, dann bitte ich Sie darum uns keine Predigt mehr zu halten. Ich bitte Sie auch, nicht mehr den Namen des Propheten in den Mund zu nehmen. Denn Er sagte, ‘es ist besser, das eigene Kleid ja sogar das eigene Fleisch zu verbrennen, als auf einem Grabe zu sitzen‘ und forderte damit alle Menschen zu einem respektvollen Umgang mit den Grabstätten auf.

Zum Schluss meines für die Öffentlichkeit verfassten Briefes möchte ich noch erwähnen, dass die Grabstätten Ihrer Vorfahren, der seldschukischen Türken, seit 1000 Jahren unberührt in verschiedenen Gebieten Kurdistans stehen. Das ist ein Zeichen des Respektes seitens meines Volkes, während die Demolierung der Grabstätten das Zeichen des Elendes Ihrer Regierung ist. Gegenwärtig haben Sie die Macht unsere Häusers abzureißen, unsere Wälder zu verbrennen und unsere Grabstätten zu demolieren. Sie haben die Macht das Rechtsystem außer Kraft zu setzen, unschuldige Menschen zu verhaften und Tote zu schänden. Sie haben die Macht, die Ethik, die Tugend, die Tradition und das Wort mit den Füssen zu treten. Aber vergessen Sie bitte nicht, dass auch Sie das Ende eines Tyrannen erleben werden, wie es in allen Geschichtsbüchern steht.

Selim Çürükkaya

1954 te Bingöl' de doğdu. Öğretmen okulundan mezun oldu. Siyasi nedenlerle on bir yıl hapis yattı. Gazeteci ve yazar. Yayınlanmış 10 Kitabı var. Siyasi mülteci olarak Almanya'da yaşıyor.

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